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Lexikon > Leistungsdiagnostik


Die Leistungsdiagnostik umfasst Untersuchungs- und Testverfahren, die Auskunft über den Leistungsstand eines Sportlers aufzeigen und liefert dadurch Ansatzpunkte für ein zielorientiertes Training (Trainingssteuerung). Im Sport ist sie wesentlich für die sinnvolle Gestaltung eines Trainingsprogrammes auf hohem Niveau.

Leistungsdiagnostik im Ausdauerbereich



Grundlagen der Testverfahren


Eine Leistungsdiagnostik umfasst einen Teil der gesundheitsrelevanten Daten, wie z. B. EKG und Belastungs-EKG, Blutdruckverhalten in Ruhe, Belastung und Erholung und Lungenfunktionsdiagnostik. Daneben ermittelt eine Leistungsdiagnostik Werte, nach denen Empfehlungen für das Training erarbeitet werden können. Dies kann durch Angabe von Herzfrequenzbereichen oder Leistungs- beziehungsweise Geschwindigkeitsbereichen für die einzelnen Trainingsbereiche/-methoden erfolgen. Im Leistungssport erfolgt die Angabe der Trainingsbereiche in der Regel als Leistungsbereich (z. B. „GA: 140–170 Watt“) oder als Geschwindigkeitsbereich.
In Ruhe werden sowohl Fette als auch Kohlenhydrate (Blut-Glucose beziehungsweise Glykogen) verstoffwechselt. Glykogen ist eine Speicherform von Zucker. Bei zunehmender Belastung nimmt der Glykogenverbrauch zu, wobei als Zwischenprodukt Milchsäure beziehungsweise Pyruvat entsteht. Der Produktion von Milchsäure steht ihr Abbau durch Oxidation und Gluconeogenese gegenüber, wodurch sich ein Fließgleichgewicht einstellt. Wird das Maximum der Dauerleistungsfähigkeit erreicht, bricht dieses Gleichgewicht zusammen, Milchsäure reichert sich dann schnell im Blut an.
Es findet zur Energiegewinnung immer ein Mischstoffwechsel aus dem glykolytischen (Abbau von Glucose zu Lactat) und dem oxidativen System (Abbau von Fettsäuren, Proteinen und Lactat beziehungsweise Pyruvat im Citronensäurezyklus, Endoxidation) statt. Im Rahmen einer Leistungsdiagnostik ist es ratsam, die Atemgase und das Lactat parallel zu bestimmen (Spiroergometrie). Damit lassen sich genaue Rückschlüsse auf die Sauerstoffaufnahme an der Dauerleistungsgrenze ziehen und die maximale Sauerstoffaufnahme ermitteln und bewerten. Ebenfalls lassen sich Aussagen über das Fettstoffwechsel- und aerobe Kohlenhydratstoffwechselverhalten treffen. Die zusätzliche Messung des Lactats gibt dann Aufschluss darüber, bei welcher Belastungsintensität die Belastungsschwelle erreicht wird und der Körper mehr Lactat bildet als er verbrauchen kann. Anhand der Milchsäurekonzentration im Blut wird also die individuelle anaerobe Schwelle ermittelt.
Ermittelt werden die Werte an sportartspezifischen Ergometern, da Leistung und Trainingsbereiche nur sinnvoll bestimmt werden können, wenn die jeweils trainierten Muskelgruppen im Test auch eingesetzt werden können. Für Läufer und Laufsportarten muss also ein Laufband, für Radfahrer ein Fahrradergometer eingesetzt werden. Für andere Sportarten gibt es spezielle Ergometer, z. B. für Schwimmer und Ruderer.
Leistungsdiagnostik ist nicht nur für ambitionierte (Hoch-)Leistungssportler geeignet. Gerade auch für Patienten mit manifesten Vorerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Arterielle Hypertonie), für die eine bewegungstherapeutische Betreuung anzuraten ist, ist eine genaue Leistungsanalyse sinnvoll. Hier ist ein Lactattest, besser noch eine Spiroergometrie (auch Ergospirometrie) anzuraten.
Die Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle ist nicht nur durch Lactatmessung, sondern auch durch andere Verfahren (Conconi-Test, Senkentest usw., siehe unten) möglich.

Testverfahren



Unterscheidung nach Sportart


;Fahrradergometrie
Die Leistung wird in Watt angegeben.
Mit Hilfe der Fahrradergometrie werden auch allgemeine Tests zur anaeroben Ausdauer durchgeführt wie Beispielsweise der Wingate-Test oder der Katch-Test bei denen über 30-40 Sekunden maximal schnell gegen einen größeren Widerstand gearbeitet werden muss.
;Laufbandergometrie
Da beim Laufen das Körpergewicht gehoben werden muss, ist die Leistung nicht mit der Geschwindigkeit ausreichend beschrieben. Hierbei findet u. a. die „MET“-Zahl Anwendung. MET steht für metabolisches Äquivalent. 1 MET entspricht dem Verbrauch von 3,5 ml Sauerstoff / min / kg Körpergewicht. Das maximale MET normaler Männer liegt bei 12 METs, bei Frauen bei 10–11 METs. Bei Weltklasseathleten ist der Wert doppelt so hoch.

Unterscheidung nach Testverfahren


;Lactatleistungstest
Anhand der gemessenen Lactatkonzentration im Blut kann der Bereich abgeschätzt werden, in dem sich die individuelle anaerobe Schwelle befindet.
Der Lactatleistungstest wird als Stufentest durchgeführt. Es werden Stufen definiert (Leistungsstufen in zeitlicher Abstufung, z. B. Steigerung um 30 Watt alle 4 Minuten), nach deren Absolvierung jeweils der Lactatwert im peripheren Kapillarblut festgestellt wird. Durch die graphische Darstellung dieser Lactatwerte können wichtige Kenngrößen des Stoffwechsels bestimmt werden, insbesondere die anaerobe Schwelle. Durchgeführt werden diese Tests durch Sportwissenschaftler, Sportmediziner und z. T. auch in Fitnessstudios.
Zur Einhaltung eines hohen Standards dieser Untersuchung wurde in Deutschland eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (Deutscher Sportärztebund) e.V. [http://www.dgsp.de] eingeführt. Dadurch ist garantiert, dass es sich um qualifizierte Sportärzte handelt, und die Auswertung der erhaltenen Lactatkurven nicht nur durch Computerprogramme, sondern auch mit dem nötigen Hintergrundwissen erfolgt.
Die Testdurchführung der Lactatleistungsdiagnostik wird gewöhnlich unter Laborbedingungen durchgeführt, auf einem Laufband, Fahrradergometer, Ruderergometer oder anderen sportartspezifischen Ergometern.
Sinnvoll ist die Lactatleistungsdiagnostik nicht nur im Hochleistungssport, sondern auch für Freizeit- und Gesundheitssportler. Hier sind vor allem Sportarten wie das Laufen (Halbmarathon, Marathon), Triathlon oder Langlauf zu nennen.
;Conconitest
s. Hauptartikel Conconi-Test
Auch der Conconi-Test wird im Stufenverfahren durchgeführt. Dem liegt ein besonderes Testprotokoll zugrunde, das auf eine kontinuierliche Verkürzung der zeitlichen Länge der Stufen hinausläuft. Die anaerobe Schwelle wird an einem Knick in der Herzfrequenz/Leistungskurve nach unten deutlich.

Kritik am Konzept der lactatbasierten Leistungsdiagnostik


Die in den letzten 20 Jahren stattgefundene Neubewertung der physiologischen Rolle des Lactats hat auch Auswirkungen auf die Anwendbarkeit und Validität von lactatbasierten Leistungstests. In ihrer zusammenfassenden Betrachtung der stattgefundenen Entwicklungen kommen die Autoren zu folgenden Schlußfolgerungen als „Hinweise für die Praxis“:
''… Blutlactatkonzentrationen werden nicht nur durch die Glykolyserate, sondern auch durch die Effizienz des Lactattransports reguliert. …

''Trainingsbedingte Veränderungen, aber auch scheinbare Stagnationen der Lactatleistungskurve (Schwellen) im Verlauf eines Trainings müssen daher als Geschehen eines solchen multifaktoriellen Prozesses betrachtet werden. Positive Anpassungen müssen aufgrund der vielen Einflussfaktoren nicht immer im Lactat sichtbar werden und bedeuten nicht zwangsläufig eine Stagnation von Trainingseffekten…

''Lactatschwellen im Sinne von speziellen Punkten in der Lactatleistungskurve haben keine höhere Bedeutung für die Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung als andere Punkte der Kurve, d. h. Schwellenkonzepte sind daher zur Trainingssteuerung grundsätzlich zu hinterfragen. …

''Beim Vergleich von Schwellen ist äußerste Vorsicht geboten. Hier spielt das verwendete Belastungsprotokoll (z. B. Stufendauer) eine große Rolle…

Neben dem verwendeten Belastungsprotokoll sind die Schwellen aber auch unterschiedlich definiert. …

''Es scheint, als existiere mehr ein Zeitfenster in dem die Lactatproduktion die Eliminations/-Verwertungs-Kapazität des Körpers übersteigt, weniger eine spezifische Schwelle. Es scheint daher angebracht, den Ausdruck anaerobe Schwelle durch eine funktionellere Beschreibung zu ersetzen, da weder eine eindeutige Schwelle existiert, noch die Muskulatur zu irgendeinem [’’vom Autor korrigiert, Original „keinem“’’]Zeitpunkt komplett anaerob arbeitet. Hinzukommend impliziert der Ausdruck Schwelle eine Art negative Barriere, die vielfach so verstanden wird, dass sie nicht überschritten werden darf. …

''In der Leistungsdiagnostik, insbesondere auf hohem Niveau, sollten immer mehrere Parameter erhoben werden (z. B. spirometrische Kenngrößen wie VO2max oder die Zeit bis zur Erschöpfung als critical power oder tlim). …

Lactat ist kein geeigneter Marker, um muskuläre Ermüdung zu diagnostizieren, und ist auch nicht Hauptfaktor von Ermüdungserscheinungen.1

Unterdessen spielt die lactatbasierte Leistungsdiagnostik sowohl im Hobby-Sport-Bereich wie bei professionell trainierenden Athleten nach wie vor die Hauptrolle und trägt zur erfolgreichen Entwicklung von Trainingskonzepten bei.

Leistungsdiagnostik im Kraftbereich


  • Kraftmessplatten
  • Isokinetische Muskelkraft Messung
  • Beschleunigungssensoren
  • Weg/Zeit Messer
  • Dynamometer


Molekulare Leistungsdiagnostik


Die molekulare Leistungsdiagnostik (MLD) befasst sich mit der Identifizierung genetisch determinierter Parameter sportlicher Leistungsfähigkeit sowie der Beeinflussung und Regulation von zellulären Signalwegen durch exogene und endogene Einflüsse, die für die sportliche Leistung relevant sind, mit dem Ziel der Optimierung sportlicher Leistung. Sie bedient sich dazu molekularbiologischer Methoden wie z. B. dem Vergleich der Konzentration unterschiedlicher Typen von ACTN3-Molekülen, die einen Einfluss auf die Prädisposition zum Sprinter oder Ausdauerathleten haben könnten.

Einzelnachweise




Weblinks


  • [http://www.leistungstest.info Beitrag eines Kardiologen mit Animationen und Literaturhinweisen]
  • [http://www.dgsp.de/_downloads/allgemein/Leitlinien.pdf Leitlinien zur Belastungsuntersuchungen in der Sportmedizin] der Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
  • [http://www.spoteo.de/wissen/artikel/artikel_14_0_Laktatleistungsdiagnostik_Der-Laktattest.html Artikel zum Thema Lactatleistungsdiagnostik]
  • [http://www.h-p-cosmos.com/downloads/videos/h-p-cosmos_diagnostics_FIBO02_VOX.mpg Videoclip zur Veranschaulichung]

[1] P. Wahl, W. Bloch, J. Mester: Moderne Betrachtungsweisen des Laktats: Laktat ein überschätztes und zugleich unterschätztes Molekül. Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie 57 (3)/2009, S. 105


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Leistungsdiagnostik

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