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Lexikon > Kongenitales myasthenes Syndrom



Das kongenitale myasthene Syndrom (Abkürzung im Englischen CMS, Synonym: kongenitale Myasthenie) ist eine sehr seltene, heterogene Gruppe von angeborenen Störungen der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel. Daraus resultiert eine belastungsabhängige Muskelschwäche der Skelettmuskulatur.
Das kongenitale myasthene Syndrom gehört ebenso wie die Myasthenia gravis, die neonatalen Myasthenie und das Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom zum myasthenen Syndrom.

Häufigkeit


Die Häufigkeit des Auftretens wird auf etwa 1 : 500.000 geschätzt und ist beispielsweise im Vergleich zur Myasthenia gravis (1 : 5000) deutlich geringer.1 Weltweit bestehen 2000-3000 genetisch gesicherte Fälle und zusätzlich ebenso viele ohne genetische Bestätigung.2

Ursache und Krankheitsentstehung


Die Krankheit ist genetisch bedingt, im Gegensatz zur autoimmunen Myasthenia gravis. Die meisten Formen treten sporadisch auf und werden sowohl autosomal-rezessiv, als auch autosomal-dominant vererbt. Insbesondere das Slow Channel Syndrom tritt überwiegend familiär auf und wird autosomal-dominant vererbt. Außerdem liegen in einem unbekannten Umfang Neumutationen vor.3
Es kommt zu einer Störung der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel an der motorischen Endplatte, entweder präsynaptisch, synaptisch oder postsynaptisch.

Beschwerden


Das kongenitale myasthene Syndrom umfasst Störungen mehrerer Strukturen bzw. mindestens 14 Gene.3 Ein bestimmtes Gen kann wiederum an zahlreichen Stellen gestört sein. Selbst bei identischem Gendefekt kann sich die Ausprägung der Beschwerden erheblich unterscheiden,44 ohne dass die Ursache bekannt wäre.
Allen gemeinsam ist eine vorzeitige Ermüdbarkeit der Skelettmuskulatur, also an Lidern (Ptosis), Augenbewegern (Schielen, Doppelbilder), mimischer Muskulatur (ausdruckloses Gesicht, Speicheln), Rachen (Trinkschwäche bzw. Schluckstörung, schwache Stimme), Atemmuskeln (Atemlähmung), Rumpf und/oder Extremitäten (verzögerte motorische Entwicklung, Muskelschwäche, Lähmung). Bei den meisten Patienten sind nicht alle genannten Muskelgruppen betroffen.
Die Schwäche tritt vor allem abends und nach Belastung in Erscheinung. Bei vielen kommt es zu zwischenzeitlichen Verschlechterungen (Krisen) bei Infekten oder Aufregung. Die Beschwerden beginnen im Mutterleib oder den ersten Lebensmonaten, selten erst im Jugend- oder Erwachsenenalter (kongenital bedeutet angeboren). Die Ausprägung der Beschwerden reicht von kaum feststellbar über fähig zu den Tätigkeiten des täglichen Lebens, aber nicht zu Sport, bis hin zur Rollstuhl- oder nächtlichen Heimbeatmungspflicht. Bei einigen kommt es zu einem über Monate bis Jahrzehnte fortschreitendem Verlauf. Die allermeisten Patienten können jedoch laufen5.

Diagnose


Die Diagnose wird gestellt durch Anamnese und Untersuchung, gefolgt von serologischer Diagnostik zum Ausschluss einer Myasthenia gravis und der häufig wegweisenden Neurophysiologie (repetitive Stimulation). Anschließend kann ein Behandlungsversuch mit einem Cholinesteraseinhibitor unternommen werden. Je nach Ansprechen können die in Frage kommenden Gene bzw. Unterformen weiter eingegrenzt werden. Genetische Analysen können voraussagen, welche Medikamente gefährlich sind und welche vermutlich förderlich. In weltweit nur wenigen Zentren werden Muskelbiopsien physiologisch untersucht.6

Behandlung


Es gibt in den meisten Fällen die Möglichkeit einer Behandlung mit Medikamenten (der Cholinesteraseinhibitor Pyridostigmin, 3, 4-Diaminopyridin, Ephedrin oder Salbutamol, Fluoxetin, Chinidin). Oft
werden die Beschwerden nur teilweise gebessert und in einigen Fällen gar nicht.
Außerdem können Physiotherapie, Logopädie, Beatmung, die Versorgung mit Hilfsmitteln, humangenetische Beratung und Angehörigen- bzw. Patientenschulung zum Einsatz kommen.
Neben Wechselwirkungen mit den eingesetzten Medikamenten ist außerdem eine Verschlechterung des myasthenen Syndroms (Myasthenia gravis ebenso wie kongenitales myasthenes Syndrom) durch einige Medikamente bzw. Substanzen (inklusive Tonic Water und Magnesium) zu beachten.78

Literatur


  • Andrew Engel: Myasthenia Gravis and Myasthenic Disorders. Oxford University Press, New York, 2012, ISBN 978-0-19-973867-0
  • Felix Jerusalem, Stefan Zierz: Muskelerkrankungen. Thieme Stuttgart 2003, ISBN 3-135-67803-2


Weblinks


  • [http://www.myasthenia-gravis.de/was-ist-cms Gut verständliche, private Homepage]
  • [http://www.dmg-online.de/fachwissen/fachartikel-was-ist-sind-kongenitale-myasthenie-syndrome/ Deutsche Myasthenie Gesellschaft]
  • [http://mda.org/disease/congenital-myasthenic-syndromes/overview Muscle Dystrophy Association (englischsprachig)]
  • [http://ro-mda.blogspot.de/2010/02/congenital-myasthenic-syndromes-cms.html Muscle Dystrophy Association of Romania (englischsprachig)]
  • [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1168/ National Center for Biotechnology Information (englischsprachig, an Ärzte gerichtet)]
  • [http://neuromuscular.wustl.edu/synmg.html#cmgtop Washington University (englischsprachig, an Ärzte gerichtet)]


Einzelnachweise


1 /www.orpha.net: * Myasthenische Syndrome, kongenitale http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/Disease_Search.php?lng=DE&data_id=8737 hier online * Myasthenia gravis http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/Disease_Search.php?lng=DE&data_id=667&Disease_Disease_Search_diseaseGroup=Myasthenia-gravis&Disease_Disease_Search_diseaseType=Pat&Krankheite%28n%29/Krankheitsgruppe=Myasthenia-gravis&title=Myasthenia-gravis&search=Disease_Search_Simple hier online
2 U. Schara, A. Della Marina, A. Abicht: Congenital myasthenic syndromes: current diagnostic and therapeutic approaches. In: Neuropediatrics. Band 43, Nummer 4, August 2012, S. 184–193, . . PMID 22911480. (Review).
3 //www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1168/ Congenital Myasthenic Syndromes Abicht A, Müller J S, Lochmüller H.. 2003 May 9 (Updated 2012 Jun 28). In: Pagon RA, Bird TD, Dolan CR, et al., editors. GeneReviews™ (Internet). Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-. Abgerufen am 16. Februar 2013.
4 W. L. Yeung, C. W. Lam, P. C. Ng: Intra-familial variation in clinical manifestations and response to ephedrine in siblings with congenital myasthenic syndrome caused by novel COLQ mutations. In: Developmental medicine and child neurology. Band 52, Nummer 10, Oktober 2010, S. e243–e244, . . PMID 20370815.
5 http://ro-mda.blogspot.de/2010/02/congenital-myasthenic-syndromes-cms.html Congenital myasthenic syndromes (CMS). Muscle Dystrophy Association - Romania. 4. Februar 2010. Abgerufen am 16. Februar 2013.
6 Andrew Engel: Myasthenia Gravis and Myasthenic Disorders. Oxford University Press, New York, 2012, ISBN 978-0-19-973867-0, S. 174-181.
7 http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-087.html|Myasthenia gravis|S1|Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)|2008
8 http://www.myasthenia.org/portals/0/draft_medications_and_myasthenia_gravis_for_MGFA_website_8%2010%2012.pdf Myasthenia Gravis Foundation of America (PDF; 246 kB)


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kongenitales_myasthenes_Syndrom

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