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Lexikon > Lysosomale Speicherkrankheit


Lysosomale Speicherkrankheiten (LSK) sind eine Gruppe von etwa 45 erblich bedingten Stoffwechselerkrankungen, die durch Fehlfunktionen im Lysosom ausgelöst werden. Die Erkrankungen sind monogenetisch.1 In der angelsächsischen Fachliteratur wird meist der Begriff Lysosomal Storage Diseases (LSDs) verwendet.

Beschreibung


Das Lysosom ist ein in den meisten Körperzellen vorhandenes Zellorganell. Die wichtigste Aufgabe des Lysosoms ist der Abbau („Verdauung“) von körperfremden, aber auch körpereigenen Substanzen. Bei diesen Substanzen handelt es sich um Makromoleküle wie Proteine, Polysacchariden, Nucleinsäuren und Lipide. Der Abbau wird durch eine Reihe von Enzymen katalysiert. Bei den Enzymen handelt es sich um hydrolysierende (aufspaltende) Enzyme, sogenannte Hydrolasen wie beispielsweise Proteasen, Nukleasen und Lipasen.
Ist die Aktivität eines dieser Enzyme deutlich herabgesetzt, das heißt, das Enzym kann den Abbau eines Makromoleküls nicht mehr oder nur erheblich langsamer katalysieren, so reichern sich die abzubauenden Makromoleküle zunächst in der Zelle an. Ab einer bestimmten Konzentration können sie über die Plasmamembran unkontrolliert in die extrazelluläre Matrix gelangen und sich so im gesamten Organismus anreichern.
Die Ursache für eine verminderte Enzymaktivität kann ein Regulationsproblem oder ein Defekt im Genom des betroffenen Patienten sein. Im letzteren Fall kann das codierende Gen durch Mutation so verändert sein, dass das Enzym in seiner Sekundär- oder Tertiärstruktur verändert ist und es weniger wirksam ist. Der genetische Defekt kann an die nächste Generation weitergegeben werden. Je nach Erbgang bedeutet die Weitergabe des Gendefektes nicht automatisch eine Erkrankung der Nachkommen. Mukopolysaccharidose Typ II (Morbus Hunter) und Morbus Fabry werden X-chromosomal, alle anderen autosomal-rezessiv vererbt
Von der reduzierten Enzymaktivität sind meist die Organe Leber, Milz und Haut, aber auch das Nervensystem, Knorpel und Knochen betroffen.
Neben der reduzierten Enzymaktivität können auch fehlende oder defekte Membrantransporter zu einer Anreicherung (Speicherung) von Stoffwechselprodukten in der Zelle führen. Dies ist bei etwa fünf der bisher bekannten lysosomalen Speicherkrankheiten der Fall.2
Der einzelne Defekt im Protein oder Membrantransporter kann zu einem sehr komplexen Krankheitsverlauf führen. Generell werden die lysosomalen Speicherkrankheiten in drei Gruppen eingeteilt: schwere infantile, mittelschwere juvenile und milde adulte Formen.2

Prävalenz


Die Gesamthäufigkeit aller lysosomalen Speicherkrankheiten liegt bei etwa 1 auf 75003 bis 80003 Neugeburten.

Therapie


Es besteht die Möglichkeit, gentechnisch erzeugte Enzyme mittels Infusion den betroffenen Patienten zuzuführen. Die Enzymersatztherapie (ERT) ist bei einigen Krankheiten wie beispielsweise Morbus Hunter (Idursulfase) oder Morbus Gaucher (Imiglucerase) mittlerweile ein etabliertes Verfahren. Daneben hat sich bei einigen Syndromen die Stammzelltransplantation bewährt.
Die Enzymersatztherapie bietet nur für innere Organe und Bindegewebe eine Behandlungsmöglichkeit. Im Fall von Knochengewebe oder im Bereich des Zentralnervensystems versagt sie, denn die Blut-Hirn-Schranke stellt für Enzyme eine unüberwindbare Barriere dar. In solchen Fällen können niedermolekulare Verbindungen, die eine Neubildung der im Lysosom nicht abbaubaren Makromoleküle verhindern oder zumindest reduzieren, einen Therapieansatz darstellen (Substratreduktionstherapie (SRT)).
Ein weiterer Therapieansatz ist die Chaperon-Therapie. Mit ihr sollen die defekten Enzyme in vivo aktiviert werden.3 Als Wirkstoff sollen dabei zuckerähnliche Substanzen zum Einsatz kommen, die positiv auf die richtige Faltung der Enzyme einwirken und so die Aktivität der Enzyme erhöhen, beziehungsweise deren Abbau im Proteasom im Rahmen der Proteinqualitätskontrolle verhindern. Der Name ist insofern irreführend, als dass lediglich die Funktion eines Chaperons (einer Klasse von Proteinen, die ebenfalls bei der Faltung von Polypeptidketten beteiligt sind) imitiert werden soll, aber tatsächlich Iminoaldite (pharmakologische Chaperone) statt den körpereigenen molekularen Chaperonen verwendet werden.
Die Wirksamkeit dieser Wirkstoffklasse wird derzeit bei Morbus Gaucher4 und Morbus Fabry (Migalastat, in klinischer Phase III)5 erprobt.
Es ist noch kein zugelassener Wirkstoff erhältlich.
Ein vielversprechender zukünftiger, aber noch weitgehend in den Anfängen befindlicher, Therapieansatz ist die Gentherapie.6

Die Einzelkrankheiten


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Einzelnachweise


1 H. I. Huppertz: http://www.springerlink.com/content/t254173841441552/ Welche Chancen eröffnet die Enzymersatztherapie? In: Zeitschrift für Rheumatologie, Band 65, 2006, S.  44–45.
2 B. Kösters: http://d-nb.info/972797718/34 Präparative zweidimensionale Trennung von Membranproteinen am Beispiel des humanen lysosomalen Proteoms. Dissertation, Philipps-Universität Marburg, 2001
3 E. Paschke: http://www.meduni-graz.at/zmf/projekte/2077.htm Untersuchungen zur frühzeitigen Diagnose und Prognose des Phänotyps bei lysosomalen Speichererkrankungen. Projektbeschreibung, eingesehen am 1. Januar 2009
4 M. Beck http://www.villa-metabolica.de/files/pdf/NewsLetter_3.pdf Chaperon-Therapie bei M. Gaucher. (PDF; 788 kB) In: Newsletter Villa Metabolica 3, 2008
5
6 unbekannt: http://www.aerztewoche.at/viewArticleDetails.do?articleId=1514 Hoffnung bei genetischen Speicherkrankheiten. In: Ärzte-Woche 41, 2003
7 Quelle für die Prävalenzen der Tabelle: T. Gerstner: http://www.ma.uni-heidelberg.de/inst/kch/lib/klinikfortbildungen/Lysosomale%20Speicherkrankheiten.pdf Lysosomale Speicherkrankheiten. Universität Heidelberg
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Literatur


* A. Mehta, M. Beck, A. Linhart, G. Sunder-Plassmann, U. Widmer: [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK11615/ History of lysosomal storage diseases: an overview.] Oxford PharmaGenesis, 2006, PMID 21290707
* E. J. Bonten u. a.: [http://www.fasebj.org/cgi/pmidlookup?view=long&pmid=15084520 Targeting macrophages with baculovirus-produced lysosomal enzymes: implications for enzyme replacement therapy of the glycoprotein storage disorder galactosialidosis.] In: FASEB 18, 2004, S. 971–973. PMID 15084520


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Lysosomale_Speicherkrankheit

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